Wir schreiben das Jahr 1968. Der 1. FC Nürnberg ist gerade deutscher Fußball-Meister und bereitet sich unter Trainerlegende Max Merkel auf die neue Saison vor. Mit dabei: der gerade 20-jährige Theo Homann aus Werne. Ein Porträt einer ungewöhnlichen Fußballerkarriere.
In Fürth bestreitet Homann einen seiner ersten Einsätze für den "Club" - in einem Freundschaftsspiel. Und in der Halbzeit erlebt er eine Szene, die er bis heute nicht vergessen hat. "Wozu brauchen Sie denn diese Schuhe?", fährt ihn Max Merkel an und zeigt auf Homanns Füße.
Sofort klärt der junge Werner ihn pflichtbewusst über die Vorzüge von Stollenschuhen auf. Doch darum geht es Merkel gar nicht. "Die brauchst' nicht mehr", raunzt der Meistertrainer knapp. "Nach der Leistung kannst' morgen nach Hause fahren und wieder als Schriftsetzer arbeiten."
Rumms. Das saß. "In der zweiten Halbzeit habe ich keinen Ball mehr getroffen, so verunsichert war ich", sagt Homann heute.
Zuckerbrot und Peitsche
Inzwischen kann er darüber lachen, doch damals war ihm nicht danach zumute. Zu keinem einzigen Bundesligaeinsatz kam er in der Saison 68/69 unter Merkel. "Er war zwar immer für eine Überraschung gut, aber für junge Leute sicher nicht der ideale Trainer", erinnert sich Homann. Pädagogische Fähigkeiten? Fehlanzeige.
"Zuckerbrot und Peitsche" - das seien Merkels charakteristische Attribute gewesen. Gefruchtet haben diese Methoden damals allerdings nicht. Am Ende der Saison stiegen die "Clubberer" ab - als amtierender Deutscher Meister. Das vorübergehende Ende des FCN in der Bundesliga war gleichzeitig das Ende von Theo Homanns "Abenteuer" im Frankenland.
Westfalia Herne
Der gebürtige Werner, der nach seinen Anfängen bei der heimischen Spielvereinigung über die Westfalenauswahl ins Visier der Proficlubs geraten war, wechselte zum VfR Mannheim in die Regionalliga - damals die zweithöchste deutsche Spielklasse. Nach dem Intermezzo in Baden-Württemberg folgten zwei Jahre bei Westfalia Herne - ebenfalls in der Regionalliga. Homann etablierte sich und schaffte 1972 den Sprung zurück in die Bundesliga. Beim Wuppertaler SV erkämpfte er sich einen Stammplatz im defensiven Mittelfeld und absolvierte bis 1975 immerhin 49 Bundesligaspiele (vier Tore).
"Werner Beinhart"
Bis es zu einer weiteren Begegnung mit einer allseits bekannten Persönlichkeit des deutschen Fußballs kam: Werner Lorant. Heute Trainer, damals knallharter Verteidiger in Diensten von Rot-Weiß Essen.
Auch diese Begegnung war für Theo Homann eher unangenehm. Denn "Werner Beinhart" machte ihn mit einem einzigen Tritt gegen das Knie zum Sportinvaliden. "Es war alles kaputt - beide Kreuzbänder und das Innenband waren gerissen", erinnert sich Homann. Eine Operation? Damals unmöglich. Die Karriere des 26-Jährigen war plötzlich und viel zu früh zu Ende.
SV Herbern
Homann musste sich etwas einfallen lassen. In seinen erlernten Beruf als Schriftsetzer konnte er nicht zurück - zu sehr hatte sich die Technik in der Zwischenzeit verändert. Also machte er eine Umschulung zum Industriekaufmann und übernahm 1983 ein Sportfachgeschäft in Werne von seinem ehemaligen Mitspieler Franz Kesting.
Dem Fußball blieb er treu. Vor allem beim SV Herbern feierte er als Spielertrainer beachtliche Erfolge und stieg mit den Blau-Gelben in die Landesliga auf. Noch heute gehört Homann, der am Montag seinen 60. Geburtstag feierte, den Herberner Altherren an.
Tennis statt Fußball
Die Fußballschuhe schnürt er freilich nur noch selten - das Knie lässt grüßen. Stattdessen greift er lieber zum Tennisschläger beim TC Herringen. Und auch die Familie kommt nicht zu kurz - Homann ist seit 20 Jahren mit seiner Frau Roswitha verheiratet und hat eine Tochter.
Blickt er trotzdem mit Wehmut auf sein viel zu frühes Karriereende zurück? "Nein", sagt Theo Homann, "gram sei er Werner Lorant heute nicht mehr. Ich bin froh, dass ich gesund bin und alles so ist, wie es ist."